Momentography of a failure [Addis Ababa]

Nafiseh Fathollazadeh Fotoraum Köln

Nafiseh Fathollazadeh Fotoraum Köln

Nafiseh Fathollahzadeh
Momentography of a Failure
[Addis Ababa]
04.09. – 25.10.2020

 

Von rural zu urban, vom Ackerland zur Siedlung, Orte, die verschwinden und Räume, die neu entstehen:
Nafiseh Fathollahzadeh dokumentiert in ihrem Fotoessay „8000 cities“ die umstrittene Urbanisierung Äthiopiens. Sie erkundet die Land-zu-Stadt-Transformation der östlichen Peripherie Addis Ababas anhand der Dörfer Dingaja und Chari auf der Nordseite des Akaki Flusses, einem geschlossenen Wohnkomplex der Luxusklasse in Legetafo (Country Club Developers) sowie dem sozialen Wohnungsbau in „Very far away Condominiums“.

Äthiopien ist eine der am schnellsten wachsenden Gesellschaften weltweit und hat im letzten Jahrzehnt im Rahmen von Industrialisierungs-, Urbanisierungs- und Infrastrukturprojekten massive Veränderungen erfahren. Das Wachstum der Stadt, der Mangel an Wohnraum und massive Stadterneuerungsprojekte verändern auch Addis Ababa, eine der größten Metropolen Afrikas. Im Zuge eines umfangreichen Urbanisierungsprozesses wurde 2014 ein Masterplan für Äthiopiens Hauptstadt veröffentlicht. Er sah die Ausweitung des Stadtstaates Addis Ababa auf das angrenzende Oromia vor, dem größten der neun Bundesländer der Demokratischen Bundesrepublik Äthiopien.

Die umstrittene Gebietsreform stieß auf großen Widerstand der ethnischen Gruppe der Oromo, die u.a. rund um die Hauptstadt siedelt und mit 35% der Gesamtbevölkerung das zahlenmäßig größte Volk des Landes ist. Aufgrund ihrer Nähe zur wachsenden Stadt ist die Oromia Region einer ständigen Überlastung durch Industrie- und Immobilienentwicklungen von nationalen und internationalen Investoren ausgesetzt. Da die geplante Erweiterung die Enteignung von Land, den Abriss von Häusern und die Umsiedlung von Bewohnern vorsah, gab es in der Bevölkerung große Bedenken hinsichtlich einer angemessenen Entschädigung und der Gefahr einer Vertreibung aus den alten Siedlungsgebieten. Als es 2016 zu gewalttätigen regierungsfeindlichen Protesten kam, wurde ein neunmonatiger Ausnahmezustand ausgerufen.

Obwohl der Masterplan letztlich aufgegeben wurde, hat die Erweiterung von Addis Ababa bereits Millionen von Oromo-Bauern von ihrem Land und ihren natürlichen Ressourcen vertrieben und in Armut gebracht. Ein großer Teil des östlichen Ackerlands der Oroma wurde in Sozialwohnungen und zu geschlossenen Wohnanlagen luxuriöser Villensiedlungen in der östlichen Peripherie Addis Ababas umgewandelt.


“Momentography of a failure”
ist ein kollaboratives und interdisziplinäres Fotografie- und Stadtforschungsprojekt von Nafiseh Fathollahzadeh. Das Projekt versteht sich als interaktive Plattform zum Austausch über urbane Räume, Politik und Umwelt. Weltweite Workshops bieten StädteforscherInnen, BewohnerInnen sowie Profi- und AmateurfotografInnen die Möglichkeit, das „Scheitern“ ausgewählter Stadtviertel vor Ort mit einer gemeinsamen Recherche, Analyse und Dokumentation zu beleuchten. Kuratierte Fotoessays werden im Anschluss in einem Fotobuch zusammengefasst und können über eine Smartphone App auf einer virtuellen Landkarte weltweit verortet werden.

„8000 cities“ entstand 2019 im Rahmen des Workshops in Addis Ababa und wird als Pars pro toto im Fotoraum Köln e.V. präsentiert. Die Künstlerin Nafiseh Fathollahzadeh stammt aus dem Iran (*1988, Tabriz) und lebt heute in Berlin. Sie ist Absolventin der Al-Zahra University, Tehran und der Folkwang Universität der Künste. 2019 wurde Momentography of a Failure mit dem DGPH-Bildungspreis der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) ausgezeichnet.